Es sind nur ein paar Millimeter - aber die machen den Unterschied. Mehr Bodenfreiheit und größere Räder für diesen Allzeit-und-zu-allem-bereit-Nimbus. Radhausverbreiterungen, Schürzen und Unterfahrschutz als Offroad-Ornat, damit auch jeder sieht, dass hier Allradantrieb am Werk ist. So lautet seit fast drei Jahrzehnten die Formel für die abenteuerlustigen Derivate herkömmlicher Pkw mit Steigeisen.

Die Idee ist weit älter, als der Marketing-Sprech rund um Sports Utility Vehicle, Cross-over und Co. Das mit dem Höhersetzen zum Beispiel ist eine alte steirische Spezialität. 1990 hievten die Allradexperten von Steyr-Daimler-Puch den VW Golf als Country in den ersten Stock. Heute Kult, hielt sich der Erfolg damals in engen Grenzen. Aber im Jahr 2000 waren es wieder die Grazer, die den ersten Audi A6 Allroad für den Volkswagen-Konzern entwickelten. Und diesmal war die Zeit reif.

Dem Audi A4 tut der rustikale Touch gut, der ihn mit 34 Millimetern mehr Luft unterm Kiel zum Allroad erhebt. Die beplankten Radläufe verpassen ihm die Prise Verwegenheit, die der geschniegelten Verwandtschaft vielleicht ein bisschen abgeht. Aber ohne den Oberförsterlook zu sehr zu strapazieren: Der Kombi macht vor der Oper eine genauso gute Figur wie auf einer Waldlichtung.

Dass man dort auch hinkommt, dafür bürgt das Zauberwort Quattro. Der bullige Diesel mit 163 PS ist serienmäßig mit Allrad mit selbstsperrendem Mittendifferenzial kombiniert. Alle, die tatsächlich vermehrt Feld- und andere Abwege unter die Räder nehmen, können mit der adaptiven Dämpferregelung inklusive Offroad-Modus die Kletterkünste noch verbessern.

Die Kurvengier der straßennahen Verwandtschaft hat der Allroad auf dem Asphalt allerdings ein klein wenig eingebüßt. Zur rustikalen Optik passt der rau geratene Abrollkomfort, der ebenso dem höheren Schwerpunkt geschuldet ist. Als Ausgleich dafür werden die bessere Übersicht und das leichtere Ein- und Aussteigen gerne genommen.

Im Cockpit merkt man von den Allroad-Ambitionen nichts. Da herrscht nüchterne Hightech-Atmosphäre wie in einer modernen Schaltzentrale, nur der massive Wählhebel des Doppelkupplungsgetriebes erinnert an den hemdsärmeligen Habitus des Hinterladers. Raumwunder war der A4 noch nie, auch nicht als Kombi - aber dafür haben die Ingolstädter bei der Verarbeitung einen Grad der Perfektion erreicht, vor dem man respektvoll den Gamsbart ziehen muss.

Der Allroad ist ein Auto wie ein Schweizer Messer, dem Alltag genauso souverän gewachsen wie den kleinen Alltagsfluchten. Für die Abenteuer im Kopf. Sind wir doch ehrlich: Mehr als 90 Prozent der Geländekombis werden nie ins Gelände gehen. Aber frei nach Joki Kirschner: Es ist gut, dass man weiß, dass man's kann, wenn man's braucht.