Nicht nur die sachlichen Werte (350 PS und 0 auf 100 km/h in offiziellen 4,7 Sekunden) erinnern mich irgendwie an meine Rallye-Zeit - sondern auch der ganze Auftritt und die Kompromisslosigkeit im Zugang zu einem kompakten Renner. Das alles zeigt eine klare Handschrift, da kann man schon einmal mit der Zunge schnalzen. Aber hält die schnellste Focus-Version auch auf der Straße das, was sie beim ersten Anblick und beim Einsteigen verspricht?

Ford hat ja einen Paradigmenwechsel vorgenommen. Für diesen Focus RS arbeitet heute ein Turbo-Vierzylinder, und Allrad ist ebenso selbstverständlich. Klar, irgendwann verzweifelt jeder Fahrwerksingenieur an PS-Werten jenseits der 300er-Marke, wenn er sie beim Frontantrieb nicht auf die Straße bringen kann. Der erste Eindruck beim Focus RS: Der Vierzylinder macht mächtig Dampf, ab rund 2000 U/min liegt schon das volle Drehmoment von 440 Nm an. Da geht die Post ab, ich sag's euch.

Die Schaltzentrale des RS trägt sportliche Insignien
Die Schaltzentrale des RS trägt sportliche Insignien © (c) Oliver Wolf Foto GmbH

Was den Focus RS zusätzlich sympathisch macht, ist seine Unkompliziertheit. In der PS-Klasse kann's schon passieren, dass ein Auto in extremen Situationen zickt - beim Focus RS keine Spur davon. Klar ist er sportlich ausgelegt, auch Drift-Wunderboy Ken Block hatte angeblich bei der Abstimmung seine Finger im Spiel. Aber selbst in einer nassen Ecke kann man voll drauftreten - das Auto wird präzise und ohne Mätzchen aus der Kurve finden.

Man hat dafür jede Menge Hightech in den Antrieb verpackt: Heraus kommt dabei, dass das Auto die Kraft nicht nur zwischen Vorder- und Hinterachse verteilen kann, sondern auch zwischen den hinteren Rädern. Das heißt: Geht's schneller zur Sache, wandert die Kraft ins Heck und wird noch einmal zwischen den Hinterrädern verteilt. Das kurvenäußere Hinterrad bekommt eine Extraportion, bis zu 100 Prozent - für die Drifter unter uns. Das Ganze funktioniert relativ problemlos und macht sich im sportiven Handlingbereich wirklich bezahlt - einfach toll.

Am mächtigen Flügel erkennt man den Über-Focus
Am mächtigen Flügel erkennt man den Über-Focus © (c) Oliver Wolf Foto GmbH

Die Lenkung arbeitet dabei sehr präzise (wenig Störmomente), die Bremse lässt sich gut dosieren, könnte aber in der Verzögerung sogar noch schärfer sein. Das Sechsgang-Getriebe? Leichtgängig zu schalten, gut und knackig. Man fühlt sich einfach in jeder Lebenslage wohl, auch der Sound geht - trotz einiger Vibrationen - okay.

Was den Focus RS insgesamt besonders macht: Er hat trotz Drifter-Qualitäten wichtige Alltagsqualitäten (Platzangebot etc.) bewahrt. Klar federt er straffer, selbstverständlich ist er insgesamt alles andere als ein Softie - aber diese Bandbreite mit echten Renner-Qualitäten macht den Unterschied.