Er ist nicht weniger als das meistverkaufte Elektroauto der Welt. Weshalb sich Nissan beim Design des neuen Leaf auch auf keine Experimente mehr eingelassen hat. Vielmehr orientiert er sich am Look des aktuellen Micra, nur dass er mit 4,5 Metern Länge eine ganze Nummer größer ist. Die blaue, schimmernde 3D-Gitterstruktur innerhalb des V-förmigen Grills entlarvt ihn sofort als Stromer, davon abgesehen ist die Linienführung auf einen möglichst niedrigen Luftwiderstandbeiwert getrimmt, der bei 0,28 liegt.

Aber jetzt ans Eingemachte: Während die Energiekapazität der Lithium-Ionen-Batterie gestiegen ist, sind deren Maße so gut wie unverändert geblieben, sodass im Fahrgastraum fünf Insassen Platz finden und der Kofferraum bis zu 435 Liter Stauraum bietet. Die alles entscheidende Frage ist aber: Wie weit kommt der Leaf mit einer Ladung? Das bleibt bis zu ersten ausgiebigen Tests eine Frage des Zyklus', nach dem gemessen wird. Mit dem 40 kWh großen Akku stromert der neue Leaf nun bis zu 378 Kilometer nach dem auslaufenden NEFZ-Fahrzyklus, laut dem neuen WLPT, der näher an der Realität liegen soll, sind es kombiniert 285 Kilometer. Im Stadtverkehr aber reicht der Saft in den Akkus nach dem neuen Messverfahren für bis zu 415 Kilometer. Und die Stadt und deren Umland ist schließlich das bevorzugte Stromer-Revier.

Sicher ist, dass die größere Energiekapazität der Batterie auch mit mehr Leistung und Drehmoment einhergeht, die im Vergleich zur ersten Generation um 38 Prozent auf 110 kW (150 PS) und 320 Newtonmeter (plus 26 Prozent) gesteigert wurden. Bis zu einer Geschwindigkeit von 144 km/h lassen die Japaner den Leaf aufdrehen, mit der man auch Autobahnetappen anständig absolvieren kann. An „CHAdeMO“-Ladesäulen (50 kW) lässt sich der Akku binnen 40 bis 60 Minuten auf bis zu 80 Prozent aufladen. An einer 22-kW-Wallbox wird der volle Ladestand nach 8,5 Stunden erreicht.

Höchst anständig ist bei der zweiten Generation jetzt übrigens auch der Federungskomfort, grobe Unebenheiten bügelt der Stromer behende weg. Ansonsten fährt sich der Leaf spektakulär und unspektakulär, wie es die meisten Elektroautos tun. Den B-Modus, in dem das System möglichst viel rekuperiert, kennen wir bereits, genauso wie den Eco-Modus der jedes Fünkchen Strom auf die Goldwaage legt und die Antrittsfreude des Elektromotors vehement hemmt.

Aber da ist noch das neue, so genannte E-Pedal: Man startet, beschleunigt, bremst, stoppt und hält das Auto nämlich mit dem, was wir aus rein fossiler Zeit noch als Gaspedal kennen. Drückt man nicht auf die Tube, rekuperiert der Leaf was das Zeug hält und bremst sich dabei bis zum Stillstand ein, wenn man ihn lässt. Das e-Pedal hat eine Bremsrate von bis zu 0,2 G, deshalb muss man nicht mehr den Fuß ständig vom Gas zur Bremse bewegen. Das e-Pedal reicht laut Studien für mehr als 90 Prozent der Verkehrssituationen aus und das könnte nach den Erfahrungen der ersten Testfahrt auch hinkommen.

Einen gehörigen Teil davon waren wir auch teilautonom unterwegs: Das neue System „ProPilot“ kann automatisch und bis zum Stillstand den Abstand zum vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer und die Spur halten. Nach dem Anhalten bleibt das Fahrzeug an Ort und Stelle, selbst wenn der Fahrer den Fuß nicht auf der Bremse hat. Sollte der Verkehr innerhalb von drei Sekunden wieder anrollen, fährt der Leaf automatisch wieder los. Flankiert wird der „ProPilot“ von Assistenten zum Spurhalten, Notbremsen und um auf Fahrzeuge im toten Winkel aufmerksam zu machen. Dazu kommen Parkpilot, Verkehrszeichenerkennung, Querverkehrs-Warner und 360-Grad-Rundumsicht mit Bewegungserkennung.

Das Cockpit ist auf Funktionalität fokussiert, aber in puncto Materialien merklich aufgewertet worden: Ein analoger Tacho ist dafür mit einem 7-Zoll-TFT-Bildschirm links daneben kombiniert, das Informationen nach Belieben einblendet. Über den zentralen Touchscreen auf der Mittelkonsole lässt sich das Audio- und Navigationssystem steuern oder das Smartphone mit Apple CarPlay und Android Auto koppeln. Die typischen blauen Ziernähte, ein Markenzeichen der Nissan-Elektrofahrzeuge, stechen an Sitzen, Türverkleidung, Armstützen und Lenkrad ins Auge. Blau schimmern ebenso der Startknopf sowie der Schaltknauf, der ein sehr eigenwillig geformter Zeitgenosse ist.

Viererlei hat uns bei den ersten Testfahrten nicht so gut gefallen. Da wäre einmal, dass das Lenkrad nur nach oben und unten, nicht aber in der Entfernung verstellt werden kann. Und dass es bei einem Auto jenseits der 30.000-Euro-Marke bis auf die Fahrerseite keine One-Touch-Funktion für die elektrischen Fensterheber gibt. Dinge, die laut Nissan ganz bewusst gestrichen wurden, um den Preis des Stromers möglichst attraktiv zu halten. Und dann sind da noch die hohe Ladekante, die Verstärkerbox mitten im Kofferraum, wenn man das Bose-Soundsystem bestellt, und die Stufe, die beim Umlegen der Rücksitze entsteht.

Der veränderte Winkel des Steckers an der Frontpartie sorgt derweil für mehr Komfort: Der Fahrer kann das Ladekabel einstecken, ohne sich bücken zu müssen. Außerdem können der Ladevorgang über eine Smartphone-App überwacht, das Aufladen programmiert, die nächste Ladestation gesucht oder die Temperatur im Innenraum vor Fahrtbeginn reguliert werden. Die Vehicle-to-Grid-Technologie des Leaf ermöglicht einen Energieaustausch zwischen Auto und Infrastruktur: Zum Beispiel kann tagsüber in der Batterie des Leaf Sonnenenergie aus der heimischen Photovoltaik-Anlage (deren Installation Nissan im Lauf des Jahres als Paket mit dem Kauf des Autos anbieten will) gespeichert und am Abend für den Betrieb des Fernsehers im Haus genutzt werden.