In der neuen Renault Alpine A110 können wir jede Diät über Bord werfen. Lediglich 1080 Kilogramm wirft der Zweisitzer in der Basisversion auf die Waage und liefert so seine Daseinsberechtigung - denn ein Sportwagen mit diesem Gewicht ist in Tagen wie diesen rar geworden. 

Der Alpine-Schöpfer aus dem vorigem Jahrhundert, Jean Rédélé, wäre wohl stolz auf das Ergebnis. Er hatte quasi aus dem Nichts die Alpine-Legende begründet. Die Alpine-Geschichte begann mit einer Wette, dem Traum eigene Autos zu bauen und Rennen zu fahren. Mit einfacher wie widerstandsfähiger Technik und Leichtbau, guter Aerodynamik und feiner Traktion. Diese Gene aus dem vorigen Jahrhundert hat die Alpine der Neuzeit anno 2017 volley übernommen.

Die aktuellen Eckdaten (1,8-Liter-Turbobenziner, Mittelmotor, 252 PS, 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden, Chassis und Karosserie aus Aluminium, diffizile Gewichtseinsparungen von der Technik bis zur Soundanlage) sind bekannt. Das erste Fahrerlebnis nicht: Das neue Auto ist gemacht, um flott bewegt zu werden, es stellt kein pures Rennauto dar, dafür wurde die Abstimmung bewusst „alltagstauglich“ gehalten. Selbst das Einsteigen in die nur 1,25 Meter flache Flunder ist ohne Peinlichkeit zu bewältigen.

Aber eben dank ihres Gewichts und der Aufteilung gehört die neue Alpine zu den großen Spaßmachern. Fahrwerk und Aufbau sind zu 96 Prozent aus Aluminium, selbst die Gewichts­verteilung nötigt Respekt ab. 44 Prozent des Fahrzeuggewichts drücken auf die Vorderachse, 56 Prozent auf die Hinterachse. Hier hat man sich auch vom historischen Vorbild differenziert: der Motor befindet sich vor der Hinterachse, die Kraft kommt aus der Mitte, sozusagen. Dieses System aus geringem Gewicht und feiner Schwerpunktsetzung genießt man vor allem in engen Kurven.

Schnell belobigt nach den ersten Kilometern: Wir beginnen bei der elektromechanischen Lenkung und ihren guten Rückmeldungen, dem perfekten Doppelkupplungsgetriebe und dem Motor, der nicht nur gut klingt, sondern auch locker bis rund 6500 U/min dreht. Fahrwerk und Co. schenken mit diversen Technikdetails guten Grip. Also: Einlenken, Gas geben, quer kommen. So leicht kann man heute Spaß haben.

Auffallend bleibt, wie gut man den Drehmomentverlauf in unterschiedlichsten Fahrmanövern ausnutzen kann. Mit den Schaltwippen kann man die Gänge perfekt setzen, auch wenn das die Schalter-Puristen irritieren könnte. Die Bremsen (Verbundguss-Bremsscheiben im 32-Zentimeter-Format mit 4-Kolben-Bremssätteln vorne) machen einen guten Job und spielen sich mit dem Gewicht. Die unterschiedlichen Fahrprogamme, die wählbar sind, drehen an den Parametern Motor-, Getriebe-, Gaspedalcharakteristik, und geben dem Stabilitätsprogramm unterschiedliche Spielräume. Hörenswert auch, wie sich je nach Modus der Auspuffsound verändert.

Selbst im Track-Modus - der schärfste der drei Fahrmodi - lässt sich das Auto gut kontrollieren, weil der gute mechanische Grip jene Konstante darstellt, die dieses Auto trotz Mittelmotor und Dimensionierung (4,18 m Länge, kurzer Radstand) bei kontrollierbarer Laune hält und für keine bösen Überraschungen sorgt. Selbst im queren Aggregatzustand auf der Rennstrecke.

In allen Details liest man den Aufwand im Hintergrund aus, mit dem man nicht einfach ein weiteres Sportauto auf die Straße stellte, sondern ein Projekt, das Zukunft haben könnte. Freilich stand Renault für das Projekt Pate, aber man leistete sich für Alpine auch ein eigenes, hochspezialisiertes Entwicklerteam. Produziert wird, und auch das ist ein Sidekick für die Geschichte, in jenem Alpine-Werk im notdfranzösischem Dieppe, wo bereits 1969 die legendäre alte A110 gefertigt wurde.