Zuerst V6-Biturbo, dann V8-Sauger und jetzt wieder V6-Biturbo – beim neuen RS5 könnte man leicht auf den Gedanken kommen, dass Audi bei den RS-Modellen nicht so recht weiß, was denn nun der Weisheit letzter Schluss ist. Aber erstens ist die Zeit der frei atmenden Hochdrehzahl-Konzepte ein für alle Mal leider vorbei. Und zweitens waren die Stärksten aus Neckarsulm (die Audi Sport GmbH sitzt traditionell am alten Standort von NSU) von Anfang an zwangsbeatmet, zumal das neue Triebwerk ein echtes Sahnestück geworden ist.

Basierend auf dem Dreiliter-V6 aus Porsche Macan und Audi S5 (wobei die Ingolstädter gerne anmerken, dass der Sechszylinder rein aus ihrer Feder stammt), wurde für die neue Anwendung der Hub ein wenig reduziert, um eine höhere Literleistung zu erzielen. Die nunmehr 2894 Kubikzentimeter werden von zwei im V-Ausschnitt sitzenden Turbos gehörig unter Druck gesetzt. Mit 450 PS ist die Leistung zwar exakt so hoch wie beim Vorgänger. Das Drehmoment konnte durch die Aufladung aber von 430 auf 600 Newtonmeter hochgeschraubt werden und liegt bereits bei 1900 Umdrehungen an.

Das sorgt natürlich für ein völlig anderes Fahrgefühl. Fast mühelos bügelt der flache Audi Steigungen gerade, schüttelt die Leistung mit einer Leichtigkeit aus den Antriebswellen auf die Straße, dass nicht einmal die 3,9 Sekunden für den Sprint von Null auf 100 km/h großartig den Puls erhöhen. Man wundert sich nur, warum man plötzlich so stark in den Sitz gedrückt wird. Zumal der Auspuff auch nur ein flottes Streichkonzert anstimmt. Und die Rolle der volumigen Tubabläser den Kollegen von AMG und der M GmbH überlässt.

Mitverantwortlich für diese mühelose Brutalität ist auch das neue Getriebe: Ausgerechnet beim RS-Modell verzichtet Audi nämlich auf die DSG-Schaltbox und verwendet eine klassische Wandler-Automatik. Zum einen hätte es die filigrane S-Tronic-Schaltbox bei dem massiven Drehmoment wohl beim dritten Kavalierstart zerrissen. Zum anderen bekommt nur die klassische Automatik den Spagat zwischen butterweichem Gangwechsel und knallhartem Arbeiten dermaßen gelungen hin, dass man schnell auf den Gedanken kommt, warum man sich jemals von diesem Konzept verabschiedet hat.

Ebenso wie vom guten alten Torsen-Mitteldifferenzial. Der mechanische Allradantrieb sorgt nämlich erst für das erhabene Maß an Traktion, arbeitet wieder mit einer Basiskraftverteilung von 40 Prozent vorne und 60 hinten. Gegen Aufpreis kann die Hinterachse noch mit Torque Vectoring zu ein wenig mehr Agilität motiviert werden, doch was fast wichtiger ist: Die im Vergleich zum Vorgänger eingesparten 60 Kilogramm verteilen sich strategisch clever auf das ganze Auto, sodass eine für Audi äußerst ausbalancierte Gewichtsverteilung von 57:43 heraus kam. Selten zuvor gab es einen Vertreter mit den vier Ringen im Kühlergrill, der sich derart agil ums Eck werfen ließ. Auch die Lenkung arbeitet mit erstaunlich viel Gefühl, und nur wer es in ganz engen Kehren ein wenig übertreibt, kommt aus dem Untersteuer-Strudel nur mehr sehr schwer wieder heraus.

Mit ein Grund für das gute Fahrverhalten ist natürlich auch die verbreiterte Spur, weswegen die Kotflügel um jeweils 1,5 cm verbreitert wurden. Anleihen vom Urquattro seien genau dort ebenso zu finden wie vom Rennmonster IMSA GTO an den Lufteinlässen neben den Scheinwerfern und Heckleuchten – lassen wir das einfach mal so stehen. Schon handfester die Argumente, warum man sich für das optionale Carbon-Dach entscheiden soll. Es spart im Vergleich zur Standard-Stahl-Variante nämlich 3,5 Kilogramm ein – und senkt damit ein wenig den Schwerpunkt.

Schwer wiegt auch der Preis. Bei knapp 100.000 Euro fängt RS5-Fahren an. In Deutschland übrigens schon bei rund 80.000 Euro. Was einen leicht auf den Gedanken kommen lässt, dass bei unseren Nachbarn das Steuermodell wohl ein völlig anderes sein dürfte.