Ob es daran liegt, dass der Chef der M GmbH vorher bei Audi Sport gearbeitet hat? Oder was ist der Grund dafür, dass BMW erstmals bei einem M-Modell auf Allradantrieb setzt? Ausgerechnet beim M5, wo die Einhaltung des klassischen Antriebskonzept ja zu den Grundpfeilern gehörte. Sagen wir, es ließ sich einfach nicht mehr vermeiden. Denn was sich schon beim Vorgänger abzeichnete: Dessen zwei Antriebsräder wussten mit dem massiven Drehmoment des Biturbo-V8 wenig anzufangen, drehten gern hilflos durch und bescherten dem ESP mehr Arbeit, als dem Fahrer lieb war. Es war also Zeit, sich das M-Konzept ein wenig neu zu überlegen.

Und das hat es nun in sich, was sich anhand eines einfachen Zahlenbeispiels wunderschön darstellen lässt: Nach wie vor mit dem 4,4-Liter-V8 bestückt, verfügt der neue M5 mit 600 PS und ein maximales Drehmoment von 750 Newtonmetern nur über minimal mehr Power als der Vorgänger. Dank des deutlich gestiegenen Grips legt er den Sprint von Null auf 100 km/h aber jetzt in nur 3,4 Sekunden zurück. Der alte M5 benötigte dafür mit 4,2 Sekunden fast eine Sekunde länger – falls die Reifen noch neu waren. Traktion ist einfach alles, oder? Natürlich nicht, und weil der Fahrspaß beim M5 nie zu kurz kommen darf, steckt auch nicht irgendein Allradsystem unter seiner schlanken Blechhaut.

Erstens sorgt Torque Vectoring dafür, dass die Kraft nicht nur zwischen den Achsen, sondern auch zwischen den Hinterrädern stufenlos je nach Bedarf aufgeteilt wird. Zweitens gibt es neben dem normalen 4WD-Modus, in dem die Kraftverteilung zwar hecklastig, aber eher konservativ ausgelegt ist, zwei weitere Fahrstufen, die über Knöpfe am Lenkrad aktiviert werden können: Im Programm „4WD Sport“ gelangt deutlich mehr Kraft zur Hinterachse, was das Übersteuern verstärkt und den BMW agiler einlenken lässt. Und weil die M GmbH nun mal die M GmbH ist, gibt es noch die dritte Fahrstufe, und die heißt: 2WD!

Richtig gelesen, wer sich traut, kann nicht nur die elektronischen Fahrhilfen sondern auch die Vorderachse quasi ausschalten und dem fröhlichen Übersteuern fröhnen, wobei der geneigte Sportfahrer sicher anzumerken hat, dass das Gewicht des vorderen Differenzals und der zwei Antriebswellen ja trotzdem die Fahrdynamik beeinträchtigt. Stimmt zwar. Doch dank des großzügigen Einsatzes von Aluminium und Magnesium konnte das Gewicht trotz der komplexeren Technik im Vergleich zum alten Modell um 35 Kilogramm gesenkt werden. Und gerade dieser Punkt dürfte den Ingenieuren besonders wichtig gewesen sein, denn sogar das Differenzialgehäuse besteht aus Carbon und der Auspuff bekam als Rohmaterial nur Dünnblech verpasst.

Unverändert blieb dafür der martialische Auftritt, den nicht nur mindestens 19 Zoll große Räder verantworten, sondern auch mächtige Schürzen mit gewaltigen Lufteinlässen. Endgültig verabschiedet hat man sich bei der M GmbH dafür vom Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Fahrstufen. Auch hier kommt künftig die Wandlerautomatik mit acht Gängen zum Einsatz. Natürlich verstärkt und entsprechend abgestuft.

Im Innenraum bemerkt der Fahrer von all dem nichts. Er residiert auf wohlig geformten Sportsitzen und kann sich mit dem sophistischen Infotainmentsystem inklusive Gestensteuerung beschäftigen. Und mit dem Gedanken, ob das optionale M Drivers Package eine lohnende Investition ist: Denn wer dieses bestellt, bekommt eine Erhöhung der abgeregelten Endgeschwindigkeit von 250 auf 305 km/h. Aber noch hat er ja ein wenig Zeit. Denn zu kaufen ist der neue M5 erst ab Anfang nächsten Jahres.