Eigentlich sind Autosalons wie der in Los Angeles ja Neuwagen vorbehalten, weshalb Jaguar für diese Premiere wohl auch das berühmte Petersen Museum gleich ums Eck gewählt hat. Dort nämlich hat Jaguar Classic den ersten seit fast 60 Jahren neu gebauten XKSS gezeigt. Das in der Farbe Sherwood Green lackierte Modell ist der vom Jaguar Classic Team aufgebaute Vorläufer („Car Zero“) einer Serie von neun Fahrzeugen, die 2017 an eine weltweite Kundschaft ausgeliefert wird.

Die Geschichte dahinter ist folgende: Der XKSS gilt als einer der ersten Supersportwagen der Geschichte. Im Februar 1957 zerstörte ein Brand im Jaguar-Werk Browns Lane im englischen Coventry insgesamt 270 Autos – darunter neun noch nicht komplettierte Jaguar XKSS. Sie gehörten zu einer Kleinserie von 25 Fahrzeugen, die Jaguar auf Basis des dreifachen Le-Mans-Siegers D-Type zu Straßensportwagen umgebaut hatte.

Die in Handarbeit und nach Originalplänen bei Jaguar Classic neu geborenen XKSS schließen nun diesen „missing link“ in der Markenhistorie. Mit den identischen Spezifikationen des Originals und mit fortlaufenden Fahrgestellnummern gehen sie zu Preisen von rund 1 Million Pfund (1,3 Millionen Euro) ab Anfang kommenden Jahres an ausgesuchte Jaguar-Kunden und -Sammler. Ein Schnäppchen vergleichen mit den Marktpreisen für die XKSS aus den 1950ern: Der in einer Auktion versteigerte Wagen brachte mehr als drei Millionen Euro ein.

Für die Fertigstellung eines Fahrzeugs vergehen laut Berechnungen von Jaguar Classic 10.000 Arbeitsstunden. Neben auf Basis originaler Werkszeichnungen neu gebauten Teilen kommt moderne Produktionstechnologie zum Einsatz. So stellte das Team ein digitales Abbild eines XKSS von 1957 her. Die detaillierte Abtastung umfasste das ganze Modell – von der Karosserie über das Fahrwerk bis zu allen Einzelteilen.

Wie anno 1957 besteht auch die Karosserie des „neuen” XKSS aus einer Magnesium-Legierung. Da die Original-Holzformen, über die die Bleche per Hand in Form geklopft wurde, nicht mehr existieren, rekonstruierte sie Jaguar Classic mit Hilfe von Originalkarosserien aus den 1950er-Jahren. Über den neuen Formen werden nun die Karosseriebleche von kundiger Hand manuell geformt.

Unter der Motorhaube sorgt der 3,4 Liter große Reihensechszylinder aus dem dreimaligen Le-Mans-Sieger Jaguar D-Type für Vortrieb. Der 262 PS starke Motor kommt mit komplett neuem Block und Zylinderköpfen aus Gusseisen sowie drei Weber-Vergasern vom Typ DCO3. Für die Original-Version des in erster Linie für nordamerikanische Kunden gedachten XKSS nannte Jaguar 1957 eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h.

Auch im Interieur taten die Handwerker alles, um ein möglichst zeitgenössisches Cockpit-Feeling zu erzeugen. Vom Holz für das Lenkrad über die Narbung der Ledersitze und die Messing-Knöpfe am Armaturenbrett bis zu den Smiths-Rundinstrumenten ist exakt alles so wie vor fast 60 Jahren. Abweichungen von der historischen Vorlage gab es dort, wo die Sicherheit für Fahrer und Beifahrer erhöht werden konnte. Wie zum Beispiel beim Tank, der aus einem moderneren und robusteren Material gefertigt ist.

Der XKSS ist nach den sechs 2014/15 gefertigten Nachbauten des E-Type Lightweight das zweite historische Modell, das Jaguar Classic zu neuem Leben erweckt. Durch das E-Type-Projekt lernten die Ingenieure, wie man einen Klassiker unter Wahrung seiner Original-Spezifikationen neu auflegen kann.