Auf der IAA in Frankfurt hat Renault die Studie Symbioz statisch präsentiert, jetzt sind die Franzosen mit dem Elektro-Prototypen zu Versuchszwecken autonom unterwegs. Alle Systeme erfüllen die Anforderungen für die vierte von fünf Stufen des autonomen Fahrens. Dieser sogenannte „Mind-off“-Level erlaubt das voll automatisierte Fahren auf hierfür zugelassenen Straßen wie Autobahnen oder Schnellstraßen mit Mittelstreifen oder auch in der City, ohne dass der Fahrer ständig das Verkehrsgeschehen im Auge haben muss. Das Fahrzeug kann selbstständig beschleunigen, bremsen, lenken, die Spur wechseln, überholen sowie Stop-and-go-Verkehr bewältigen. Darüber hinaus gestattet der Versuchsträger das „Valet Parking“, das heißt: das Abholen von Fahrer und Passagieren an der Haustür.

Die Karosserie des Symbioz verfügt über eine Vielzahl von Sensoren als Grundlage für diese autonomen Fahrfunktionen. Hierzu zählen Lidar-Detektoren in den Scheinwerfern und im hinteren Stoßfänger. Sie arbeiten ähnlich wie Radarsysteme, verwenden statt Radiowellen jedoch Laserstrahlen. Ergänzt werden sie durch Radar- und Ultraschallsensoren sowie eine Frontkamera am oberen Rand der Windschutzscheibe. Hinzu kommen eine Kamera im Rhombus auf der Heckklappe und Seitenkameras in den Türöffnern.

Für den Antrieb sorgen zwei Elektromotoren. Sie befinden sich direkt an der Hinterachse und leiten ihre Kraft getrennt jeweils an ein Hinterrad. Beim Lenken werden alle vier Räder angesteuert. Beide Elektromotoren leisten zusammen maximal 500 kW (680 PS), mobilisieren ein Maximaldrehmoment von 660 Newtonmetern und beschleunigen den Prototypen in nur 6 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Dauerleistung liegt bei 360 kW (490 PS) mit einem Drehmoment von 550 Newtonmetern. Die Batterien des Konzeptfahrzeugs mit einer Kapazität von 72 kWh können an einer Schnellladestation in weniger als einer halben Stunde auf 80 Prozent geladen werden. Die Fahrzeugarchitektur würde den Einsatz von Stromspeichern bis 100 kWh ermöglichen.

Mit einer Länge von 4,92 Metern und einer Breite von 1,92 Metern fährt der Symbioz im Format einer gehobenen Limousine vor, wobei die Höhe von 1,44 Metern der des Kompakten Mégane entspricht. Der Radstand von 3,07 Metern bürgt für großzügige Platzverhältnisse. Neue Wege beschreitet Renault bei der Gestaltung des Innenraums: So gibt es keine Mittelkonsole, und der Kabinenboden ist durchgehend flach. Die Glasflächen im Dach können in ihrer Lichtdurchlässigkeit reguliert werden. Die flach geneigte Windschutzscheibe ermöglicht die Unterbringung von Staufächern an der Oberseite des Instrumententrägers.

Das volldigitale Cockpit umfasst drei individuell konfigurierbare OLED-Anzeigenfelder für Fahrtinformationen, Navigation und Komfortfunktionen beziehungsweise On-Board-Entertainment. Die Auflösung des Entertainment-Monitors erlaubt es Fahrer und Passagieren, Filme in HD-Qualität anzuschauen. Alternativ zu den Cockpitanzeigen projiziert im autonomen Betrieb ein Head-up-Display die wichtigsten Fahrtinformationen auf die Windschutzscheibe.

Im autonomen Fahrprogramm hat der Fahrer die Wahl zwischen drei Innenraumkonfigurationen: „Alone@Home“ erlaubt, den durch das Zurückfahren von Armaturenträger und Lenkrad gewonnenen zusätzlichen Raum von zwölf Zentimetern flexibel zu nutzen. Im Modus „Relax“ kann sich der Fahrer zurücklehnen und entspannen. Ein vom Spieleentwickler Ubisoft konzipierter Helm erlaubt es ihm, in virtuelle Umgebungen einzutauchen. Um der Reisekrankheit vorzubeugen, sind Helm und Fahrzeug vernetzt. Die Bilder, die der Fahrer sieht, stimmen mit Fahrgeschwindigkeit, eigener Bewegungsbahn und sogar der Bewegung anderer Verkehrsteilnehmer überein. „Lounge“ ermöglicht es Fahrer und Beifahrer, intensiver miteinander zu kommunizieren. Die Armlehnen senken sich hierfür automatisch ab, und die Vordersitze schwenken automatisch um 15 Grad zum Sitznachbarn hin.

Zwei Fahrmodi sind hinterlegt, wenn man das Steuer selbst in die Hand nimmt: „Classic“ ist das Standardsetting, bei dem die Sitzeinstellung konventionell und der Symbioz auf maximalen Komfort ausgelegt ist. „Dynamic“ steht für schnelleres Ansprechverhalten des Elektromotors, der Lenkung und eine straffere Fahrwerkscharakteristik. Gleichzeitig bietet der Fahrersitz mehr Seitenhalt im Stil eines Schalensitzes.

Jedes Fahrprogramm ist durch ein eigenes Lichtszenario und sogar einen eigenen Duft gekennzeichnet. Die Parfüms basieren auf den Innenraummaterialien, darunter Zeder und Birke. Zusätzlich sind Ingwer, Vetiveröl und andere Substanzen beigemischt. Im „Dynamic“-Modus wirken sie durch die Betonung von Ingwer, Kardamom und Bergamotte besonders belebend. Im „AD“-Modus dominiert eine luftigere und frischere Variante mit Noten von Kümmel, Sandelholz, Moschus und Safranpulver.

Und natürlich ist der Symbioz auch voll vernetzt und kommuniziert mit seiner Umgebung: Wenn das Fahrzeug im autonomen Fahrmodus unterwegs ist, signalisiert es dies seiner Umgebung, indem das Tagfahrlicht und die Leuchte im Luftleitelement auf dem Dach blau leuchten. Neben digitalen Medien und Diensten können die Passagiere auch vernetzte Elektrogeräte und Thermostate in ihrer Wohnung ansteuern oder per 360-Grad-Kamerabild auf dem Display des Instrumententrägers kontrollieren, was gerade zu Hause passiert. Ebenso ist der Versuchsträger in der Lage, mit anderen vernetzten Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur zu kommunizieren, so dass der Fahrer bereits frühzeitig vor Unfällen, Staus und Gefahrenstellen gewarnt wird.

Der Fahrplan von Renault bezüglich der Serienreife lautet wie folgt: Im Rahmen des Strategieplans „Drive the Future“ sollen 15 autonom fahrende Modelle sowie acht rein elektrische und zwölf elektrifizierte Fahrzeuge auf den Markt kommen. Die verschiedenen Funktionen für das autonome Fahren werden schrittweise unter dem Namen „Renault Easy Drive“ in die Serie eingeführt. 2019 erscheint das erste Modell, das teilautonomes Fahren auf Stufe zwei ermöglicht. Das Fahrzeug wird in bestimmten Situationen wie auf der Autobahn oder in der städtischen Peripherie der Spur folgen, den Abstand zum Vordermann regeln und im Stau komplett übernehmen können. Voll automatisiertes Fahren auf Stufe vier wie im Symbioz Demo Car wird ab 2022 möglich sein.

Aktuell ist das autonome Fahren im „Mind-off“-Level in Europa noch nicht erlaubt, jedoch auf bestimmten Strecken zu Testzwecken möglich, sofern ein Fahrer hinter dem Steuer sitzt, der jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen kann.