Steve Jobs war ein Marketing-Genie. Produkte von Apple waren technisch zwar immer solide, innovativ und durchdacht, jedoch maßlos überteuert. Jobs schaffte es aber, ihnen ein dermaßen cooles Image zu verleihen, dass deren Preise meist egal waren – man musste sie einfach haben. Die Gewinne sprudeln bis heute, mehr als je zuvor.

Kein Wunder, dass jeder so sein möchte wie Apple. Auch Elon Musk. Und den wohl legendärsten Schmäh des Apple-Gründers, bei jeder Produktpräsentation einen großen Knaller in der Hinterhand zu haben und als hübsche Überraschung quasi nebenbei zu präsentieren, hat sich der Tesla- Boss für seinen jüngsten Coup ausgeborgt. „One more thing“, also „Eins habe ich noch” – mit diesem lapidaren Worten tauchte am Rande der mehrmals verschobenen Präsentation des Lkw-Prototypen auch die Studie des neuen Tesla Roadster auf.

Auch hier hat Musk viel von Apple gelernt: Das Projekt blieb bis zum Schluss unter strengster Geheimhaltung, so wie jedes neue iPhone, damit der Aha-Effekt bei der Lancierung möglichst groß ist. Und wer Showman Musk kennt, der weiß, dass er den großen Auftritt gerne mit fantastisch klingenden technischen Daten untermauert. Doch jene des Roadster übertreffen alle bisherigen Angaben mit Leichtigkeit: Keine zwei Sekunden soll der Sprint von Null auf 100 km/h dauern. Die Endgeschwindigkeit bei mehr als 400 km/h liegen. Und dennoch soll eine Reichweite von mehr als 1000 Kilometern bei Autobahn-Tempo möglich sein – damit wäre der Zweisitzer nicht nur das schnellste Auto aller Zeiten sein. Sondern gleichzeitig auch das mit der größten Reichweite.

Wie das funktioniert? Nun, wie es sich für Tesla gehört, hält man sich bei technischen Details bedeckt. Doch fassen wir einmal alles zusammen, was bis jetzt bestätigt scheint: Während unter der vorderen Haube ein E-Motor surrt und auf die vorderen Räder wirkt, sitzen im Heck derer gleich zwei, also für jedes Rad einer. Zusammen stemmen sie nicht weniger als 10.000 Newtonmeter Drehmoment, natürlich von der ersten Umdrehung weg. Damit dem Wagen nicht so schnell der Saft ausgeht, ist ein 250 kWh großer Akku verbaut. Gewicht? Lenkung? Materialien? Kein Kommentar von Tesla.

Ob die Kalifornier wie bei der ersten Generation des Roadster wieder mit Lotus zusammen arbeiten? Auch darüber gibt es keine Informationen. Die verblüffende Ähnlichkeit mit einer Studie der Briten von 2010 lässt aber diverse Spekulationen zu. In Sachen Leichtbau gibt es auch kaum einen besseren Partner, zumal eine strenge Diät dringend nötig wäre – angesichts des riesigen Akkus, der grob geschätzt und mit der derzeitigen Technik an die zwei Tonnen schwer sein könnte.

Was Elon Musk dafür sehr gerne verrät, ist der Preis und der Erscheinungstermin. 2020 sollen die ersten Exemplare ausgeliefert werden, und natürlich kann man schon jetzt vorbestellen. Aber nur, wenn man 40.000 Euro anzahlt. Die restlichen 170.000 sind dann bei der Auslieferung fällig, was alles in allem einen Stückpreis von schlanken 210.000 Euro ergibt.

Der riskante Plan, für ein Auto Vorbestellungen anzunehmen, das noch nicht einmal in der Vorentwicklung ist, ging zwar schon beim Model 3 auf. Der immer und immer wieder verschobene Produktionsstart (im letzen Quartal rollten nicht geplante 1500 Exemplare vom Band, sondern lediglich 260) kratzte aber nicht nur stark am Image. Auch die Aktionäre wurden zunehmend nervöser. Teslas Börsenwert sank auf ein Rekordtief, frisches Kapital auf den internationalen Finanzmärkten zu bekommen, wurde zunehmend schwerer.

Neben den ewigen Fertigungsproblemen beim Model X, der besagten „Produktionshölle“ (O-Ton Musk) des Model 3, der nach wie vor nicht fertig gestellten Giga Factory in Nevada, gilt es nun auch noch den angekündigten Lkw Semi fertig zu entwickeln, ehe es endlich an den Roadster geht.

Elon Musk möchte vielleicht, dass Tesla so sein soll wie Apple. Doch die Autowelt ist nun einmal ein klein wenig komplizierter als jene der Computer und Smartphones. Zeitpläne nicht einzuhalten, oder – noch schlimmer – das Image zu schädigen, wären für Steve Jobs nie in Frage gekommen. Genau so wenig, wie wenn nach über zehn Jahren im Geschäft noch kein einziger Dollar verdient geworden wäre.