Glück ist, in Peking einen blauen Himmel zu sehen. Wir waren jetzt fünfmal dort, und erstmals hat uns für kurze Zeit die Sonne zugeblinzelt, ehe sich wieder eine gelbliche Smog-Glocke über die 22-Millionen-Metropole stülpte. Auf der Wetter-App steht dann: Gefährliche Luftqualität. Standard in Peking, wo jeder zweite Mensch einen Mundschutz trägt.

Nein, in Peking möchte man eigentlich nicht leben. In keiner anderen Stadt der Erde ist die Folge der modernden Mobilität so dramatisch spürbar wie in der Hauptstadt der Volksrepublik. Sieben Millionen Autos verstopfen die Stadt rund um die Uhr, die Stahl- und Kraftwerke im Umland verschmutzen die Luft zusätzlich. Gegen die Ringautobahnen von Peking ist die Wiener Tangente in der Rushhour ein Luftkurort.

Der apokalyptische Zustand in Peking, aber auch in anderen Großstädten Chinas ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sich die Zukunft der Mobilität im Reich der Mitte entscheiden wird. Denn neben den bereits eingeleiteten Regulierungen bei den Zulassungen in den Metropolen hat China mit der unumkehrbaren Wende hin zur Elektromobilität den entscheidenden Schritt gemacht. Und trifft damit zwei Fliegen auf einen Schlag.

China setzt auf Elektromobilität

Einerseits positioniert sich die vom Staat stark subventionierte chinesische Automobilindustrie zunehmend als globaler Taktgeber der E-Mobilität, andererseits nimmt man künftig mit einer gesetzlich verordneten Zwangsquote für E-Autos die dominierenden ausländischen Anbieter noch kürzer an die Leine. So soll im kommenden Jahr jeder Hersteller verpflichtet werden, zehn Prozent Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen, ab 2020 steigt der vorgeschriebene Anteil auf zwölf Prozent. Wer die Vorgaben nicht erfüllt, muss entweder von chinesischen Elektro-Champions wie Byd oder Geely Kreditpunkte zukaufen oder hohe Geldstrafen zahlen.

Eine herausfordernde Aufgabe speziell für die deutschen Autobauer, die seit Jahren ihre Rekordergebnisse dem anhaltenden Absatzboom zu verdanken haben und in einer hohen - und nicht ungefährlichen - Abhängigkeit vom chinesischen Markt leben. Volkswagen verkaufte im Vorjahr mit 3,2 Millionen Fahrzeugen bereits die Hälfte des Volumens in China, bei Audi ist jeder dritte Käufer ein Chinese. Und auch Premium-Krösus Mercedes hängt zunehmend am Tropf von China, die Sterndeuter steigerten im Vorjahr ihren Absatz in China um ein Viertel.

Schlüsselmarkt der Autoindustrie

Worüber sich alle Autobauer einig sind: China entscheidet über Gewinner und Verlierer. Volkswagen-Markenchef Herbert Diess sieht China längst als Schlüsselmarkt für die Elektroautos, und hat seine Zukunftsstrategie darauf ausgerichtet. So wird der Marktführer heuer nicht dem Trend zum SUV folgen und vier neue Modelle bringen, sondern auch eine Plug-in-Hybrid -Version des Tiguan und eine elektrische Variante des neuen Bora anbieten. Von 2020 an wird dann auch in China die rein elektrische ID-Modellfamilie starten.

Den Weltmarkt für Elektromobilität wollen dennoch die Chinesen dominieren - spätestens 2025. Und ein Mann, der zuletzt für Schlagzeilen sorgte, will dabei an der Spitze stehen: Geely-Boss Li Shufu, der als Eigentümer von Volvo, London Taxi und Lotus neuerdings auch Großaktionär bei Daimler ist, strebt nach globaler Geltung. Der selbstbewusste Milliardär will einen Konzern à la Volkswagen schmieden. Bis 2020 sollen 90 Prozent der Fahrzeuge elektrisch versorgt sein.

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