Jahrzehntelang galt die Frankfurter Automobilausstellung (IAA) als die Leitmesse der Autowelt. Vor allem aber war sie das Hochamt der deutschen Autobauer, die das traditionelle Heimspiel stets mit Prunk und Protz in eigenen Hallen zelebrierten.

Jetzt aber steht die Schlüsselindustrie am Pranger, und die größte Automesse im Eck. Der Dieselskandal, die Kartellvorwürfe und der Schadstoffalarm haben die gesamte Branche unter Generalverdacht gebracht und lassen drei Wochen vor der Leistungsschau wenig Stimmung aufkommen. Fest steht: Das gewohnt unbeschwerte Fest rund um das Automobil wird es diesmal in Frankfurt nicht geben, dabei würden die wankenden Autobauer gute Laune und Optimismus brauchen wie ein Stück Brot.

In Deutschland stellt man sich seit Wochen besorgt die Frage: Wie wird sich Angela Merkel verhalten? Wird die Kanzlerin wie immer zur Eröffnung kommen, das polierte Blech streicheln und mit Managern posieren? Zehn Tage vor der deutschen Bundestagswahl wäre ihr Auftritt wohl ein Pflichttermin, doch die CDU-Chefin ist auf die Autoindustrie offensichtlich nicht gut zu sprechen. ,,Ich bin sauer“, ließ Merkel kürzlich vor laufender Kamera wissen. So etwas hat man aus dem Mund der Schutzpatronin der deutschen Hersteller in Brüssel nie zuvor gehört.

Auch wenn in den 13 Tagen der Messe wieder bis zu eine Million Besucher erwartet werden, denen gemäß dem Motto (,,Zukunft erleben“) die Mobilität von morgen vorgegaukelt wird, scheint in Frankfurt irgendwie der Lack ab zu sein. Was generell für die klassischen Autosalons gilt. Erste Anzeichen dafür gab es zuletzt schon in Paris, Detroit oder Genf. Nach Fiat, Alfa Romeo, Jeep, Nissan, Peugeot, DS, Infiniti, Mitsubishi und Rolls-Royce lässt nun auch der amerikanische Elektro-Pionier Tesla die IAA sausen. Dabei hätte gerade das brandneue Model 3, auf das es laut Tesla schon 450.000 Reservierungen gibt, ein Highlight der Messe sein können.

Eine Entwicklung, die durchaus mit dem Umbruch der Branche in Verbindung zu bringen ist, bei dem man sich als Konsequenz auch von alten Geschäftsmodellen wird verabschieden müssen. Zudem verschlingen die großen Messen rund um den Erdball horrende Summen. Viele Hersteller beklagen außerdem die allgemein schwindende mediale Aufmerksamkeit, weil viele Neuheiten schon im Vorfeld oder abseits bei exklusiven Side Events ihre Premieren feiern.

So sucht die Branche neue attraktive Formate und Schaufenster, und findet sie beim Earl of March beim Festival of Speed im englischen Goodwood oder in Las Vegas: In Sachen Zukunftsvisionen hat die Consumer Electroncis Show (CES) in der Wüste von Nevada Frankfurt & Co ohnehin längst den Rang abgelaufen.

Ach ja: Für die Frankfurter IAA ab 11. September sind ein paar Dutzend Weltpremieren angekündigt. Dabei werden kleine und große Brötchen gebacken, vorzugsweise größere: jede Wette, dass sich um den 1000 PS starken Mercedes AMG-Supersportwagen namens „Project One“ die größten Menschentrauben bilden werden. So viel zum Motto „Zukunft erleben“.