Sie sind klein, windschnittig und eignen sich dank ihrer aerodynamischen Eigenschaften hervorragend für längere Strecken. Schneller kann sich der Mensch durch Muskelkraft nicht fortbewegen. Ihre Hülle macht sie ideal für Fahrten bei Wind, Kälte oder Regen, dennoch sind Velomobile - vollverkleidete Liegeräder - im heimischen Straßenbild nach wie vor eine völlige Ausnahmeerscheinung.

Dabei kann sich Hubert Feik (37) über fehlende Aufmerksamkeit nicht beklagen. Wohin der Salzburger Behindertenbetreuer auch kommt, überall bleiben Leute stehen und sehen ihm und seiner weißen Seifenkiste aus Glasfasern neugierig nach. "Ich werde oft mit einem Elektroauto verwechselt. An ein Fahrrad glauben Passanten wegen der hohen Geschwindigkeit eher selten."

Wie fast alle Velomobile steht auch sein Gefährt auf drei Rädern. Sein "Mango" aus Holland ist dabei keine 80 Zentimeter breit. "Damit darf ich laut StVO noch auf dem Radweg fahren. Aber auf der Straße ist man ohnehin besser aufgehoben." Auf Radwegen werde das zügige Tempo zur Gefahr für andere Radfahrer oder Jogger mit Musik im Ohr. "Viele erschrecken, weil sie plötzlich von etwas Tiefem, Leisem und Schnellem überholt werden."

Knapp mehr als 3.000 Velomobile gibt es in Europa. In Österreich dürften es wohl zwischen 50 bis 80 Stück sein, schätzen Kenner. "Seit einigen Jahren hat sich die Nachfrage aber stark nach oben geschraubt", sagt Patrick Fle (42). Der gebürtige Deutsche betreibt in Dornbirn eine Werkstatt für Velomobile und ist einer der wenigen Händler in Österreich.

Für ihn haben die verkleideten Liegeräder zwei entscheidende Vorteile. "Da ist einmal die überragende Aerodynamik. Den meisten Leuten ist nicht bewusst, wie viel Unterschied ein niedriger Luftwiderstand macht." Bei gleichem Krafteinsatz ist ein Velomobil deutlich schneller als ein Rennrad. Wer in der Ebene mit 250 Watt Leistung tritt, kommt mit dem Rennrad auf knapp 38 km/h, mit einem schnittigen Velomobil auf 50 km/h. Das haben Vergleiche gezeigt. Noch deutlicher fällt der Unterschied aus, wenn es bergab geht. Einzig im Anstieg ist der Rennradler schneller - da macht sich die höhere Masse von Velomobilen bemerkbar.

Geschützt bei Wind und Wetter

Die meisten Räder wiegen heute zwischen 25 und 35 Kilo, die leichtesten Serienmodelle kommen dank kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen laut Fle auf unter 20 Kilo. Weil Carbon relativ scharfkantig bricht, verbinden es die Hersteller mit Schichten aus Kevlar oder Polyamid-Geweben, um die Verletzungsgefahr bei einem Crash gering zu halten.

Velomobile werden in Kleinserie gebaut und kosten je nach Modell 6500 bis 8500 Euro. "Um dieses Geld bekommt man schon hervorragende Fahrzeuge. Teurer geht aber immer", sagt Fle. Auch der Salzburger Feik muss neben dem "Was ist das?" meist die Frage nach dem Preis beantworten. "Die meisten schreckt das richtig. Weil sie nicht rechnen, was ihr Auto real kostet. Wenn ich mir um 8000 Euro ein Auto kaufe, fragt keiner warum ich dafür mein Geld ausgebe."

Der zweite große Trumpf von Velomobilen ist der Wetterschutz bei Wind, Regen, Schnee oder Kälte. "Man kommt unter der Haube leicht ins Schwitzen. Im Velomobil ist es auch im Winter immer warm", erzählt Feik. Wenn im Sommer die Sonne vom Himmel brennt, sorgen eine abnehmbare Haube, ein Stoffverdeck oder ein offenes Visier für Schatten und Kühlung. Dennoch: Wechselkleidung oder eine Dusche am Arbeitsplatz sind immer von Vorteil.

Geeigent als Pendlerfahrzeug

Der inoffizielle Stundenrekord für Standard-Velomobile liegt - bei stehendem Start - laut Fle bei 71 Kilometern. Die absoluten Geschwindigkeitsrekorde wurden hingegen mit zweirädrigen Spezialkonstruktionen erzielt. Erst diesen Juni fuhr der Schweizer Francesco Russo im Oval 92,439 Kilometer in einer Stunde. Die Höchstgeschwindigkeit über 200 Meter liegt sei dem Vorjahr bei 139,45 km/h. Für die tägliche Fahrt sind die Rekordfahrzeuge freilich ungeeignet, sie würden ohne fremde Hilfe im Stehen einfach umkippen.

Warum sich Velomobile so schwer durchsetzen, liegt nicht nur am Preis, meint Fle. "Es hängt auch damit zusammen, ob es jemanden gibt, der damit anfängt und andere begeistern kann." Und von der Topografie: Velomobile eignen sich vor allem für Ebenen, lang gezogene Täler und hügelige Strecken. "Wer täglich zwei Pässe in die Arbeit fahren muss, hat weniger davon." Auch für kurze Distanzen oder das "Stop and Go" im Stadtverkehr sind Velomobile eher ungeeignet. Sie sind Kilometerfresser, hocheffiziente Pendlerfahrzeuge. 30 bis 40 Kilometer pro Strecke sind für viele Fahrer Alltag. Einzelne von Fles Kunden fahren bis zu 25.000 Kilometer im Jahr.

Es dauert offenbar einige Wochen, bis sich die Muskeln dem Treten im Liegen anpassen. "Dafür fährt man entspannter als mit einem normalen Fahrrad", sagt Feik. Mit richtig eingestelltem Sitz schmerzen auch bei langen Distanzen weder Hintern, Handgelenke oder Rücken. Velomobilfahrer liegen im Rad, wie andere auf der Couch vor dem Fernseher. Fahrer die gerne mit Unterstützung treten, rüsten Pedelec-Motoren nach.

Unter der Wahrnehmungsschwelle

Im Straßenverkehr hat Feik grundsätzlich gute Erfahrung gesammelt. "Man wird aufgrund der niedrigen Höhe aber schlechter wahrgenommen. Eine vorausschauende Fahrweise ist darum Pflicht", sagt er. Autofahrer überholen in der Regel aber mit gehörigem Respektabstand. Und im Falle eines Crashs? "Die Karosserie fängt unglaublich viel ab, auch bei hohem Tempo."

In den Velomobil-Foren im Internet tummeln sich vor allem sportliche und technikaffine Männer jenseits der 40, die oft aber nicht immer aus Umweltgründen aufs Velomobil umsteigen oder aufs Zweitauto verzichten. Feik fällt hier nicht aus dem Rahmen, er hat sich erst im Vorjahr sein erstes Velomobil gekauft. "Mir ist immer mehr bewusst geworden, wie viel Geld eigentlich mein Auto verschlingt und wie wenig ich es brauche." Die umfangreiche Elektrik in seinem Rad hat er selbst ausgetüftelt und eingebaut. Seit dem versorgt ein Akku Hupe, Blinker, Brems- und Rücklichter, den höhenverstellbaren Frontscheinwerfer und die Innenraumbeleuchtung mit Strom.

Eine Straßenzulassung brauchen Velomobilfahrer übrigens nicht: Rechtlich ist ihr Fahrzeug ein Fahrrad. Fahrzeuge für die Masse werden die verkleideten Liegeräder dennoch nicht so schnell werden. Aber das kann sich ändern. Nur wer an Klaustrophobie leidet, dürfte den verkleideten Geschoßen weiterhin eine gehörige Skepsis entgegen bringen.